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30.01.2024

In Gedenken - Unser Redebeitrag anlässlich des Femizids an einer jungen Frau in St.Leon Rot

Nach dem Femizid an einer jungen Frau in einer Schule in St. Leon Rot am 25.1.2024 gab es eine Gedenk Kundgebung in Heidelberg. Wir haben dort folgende Worte beigetragen:

"Hallo an alle,

schön dass ihr da seid - auch wenn der Anlass ein trauriger ist. Oder genau deshalb ist es gut, nicht alleine zu sein damit.

Ich werde ein paar Worte von Frauen helfen Frauen mit euch teilen. Wir sind ein feministischer Verein, der seit über 40 Jahren in Heidelberg gegen sog häusliche Gewalt an Frauen und Kindern arbeitet. Dabei verstehen wir die Kategorie Frau über cis-Geschlechtlichkeit hinaus.

Wir sind erschüttert von der Nachricht eines Femizids an einer jungen Frau gestern Morgen an einer Schule in St Leon Rot.

Wir sind erschüttert über das plötzliche Ende des Lebens dieser jungen Frau.

Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind bei ihr, bei ihren Angehörigen und bei allen, die diese Tat gestern miterleben mussten.

Wir hoffen, dass alle Beteiligten bestmöglichste Unterstützung in dieser Situation bekommen werden.

Wir wünschen allen Beteiligten Zeit und Ruhe für Trauer und Verarbeitung.

Wir arbeiten jeden Tag mit Frauen, Kindern und Jugendlichen, die von Gewalt durch ihre Partner, Ex-Partner, Väter oder Familien erfahren. Wir versuchen diese Gewalt zu bekämpfen und Betroffene bestmöglichst zu unterstützen. Wichtig ist uns die Selbstbestimmung von Frauen und Kindern . Zudem arbeiten wir an Schulen mit Workshops zum Thema Gewalt in jugendlichen Liebesbeziehungen.

Heute ist auch für uns ein Moment inne zu halten und der Trauer, dem Schmerz, der Angst und der Fassungslosigkeit Raum zu geben. Und damit nicht alleine zu bleiben.

Eine solche Tat löst bei vielen Frauen Angst aus. Viele Frauen leben in gefährlichen Situationen und bangen tagtäglich um ihre seelische und körperliche Unversehrtheit. Lasst uns versuchen, sie nicht alleine zu lassen damit. 

Wir sprechen von Femizid. Damit wollen wir deutlich machen, dass es nicht um Einzelfälle geht, sondern um reale und tödliche Auswirkungen einer patriarchal strukturierten Gesellschaft. Dass eine solche Tat wie gestern sich einreiht in viele Morde an Frauen - statistisch gesehen wird in Deutschland jeden dritten Tag eine Frau* von ihrem (Ex-)Partner umgebracht. Tagtäglich erfahren Frauen* und Mädchen* verschiedene Formen von Gewalt.

Wir können und möchten bei der Benennung der Tat und bei der Kundgebung heute nicht für die Angehörigen sprechen. Wir wünschen ihnen Raum, Zeit und Unterstützung mit der Situation umzugehen.

Wir möchten mit der Benennung als Femizid vielmehr deutlich machen, dass die Verantwortung und Schuld dieser Tat in keinster Weise im Verhalten der Verstorbenen oder ihres Umfelds zu suchen ist. Wir sehen die Ursachen von Gewalt in unserer Gesellschaft tief verankert. Damit sehen wir uns alle in der Verantwortung für solche Taten, für die Aufarbeitung davon und auch die Verhinderung dieser. Lasst uns in diesem Sinne dazu im Austausch sein, was es im konkreten bedeuten kann, dieser Verantwortung gemeinsam gerecht zu werden.

Wie können wir Täter in die Verantwortung für ihre Tat nehmen? Wie können wir jungen Menschen vermitteln, was Beziehungen auf Augenhöhe und ohne Gewalt bedeuten? Wie kann nachhaltige feministische Jungenarbeit aussehen, aufgebaut und fest etabliert werden? Wie können wir Betroffene unterstützen und Hürden nehmen, sich Hilfe zu suchen?

Wir bei Frauen helfen Frauen sind für Beratung und Unterstützung jederzeit ansprechbar. In unserer Beratungsstelle und im Frauenhaus unterstützen wir mit einer parteilichen, intersektional feministischen und rassismuskritischen Grundhaltung. Ihr könnt uns gerne per Mail oder Telefon kontaktieren. Wir unterstützen auch Menschen im Umfeld von Betroffenen, die sich fragen, wie sie gut unterstützen können.

Lasst uns mit der Trauer, dem Schock, der Angst und der Wut nicht alleine bleiben. Lasst uns aus der Ohnmacht heraus kommen, die so eine Nachricht auslöst. 

Lasst uns darüber sprechen, füreinander da sein und miteinander sichtbar sein. 

Lasst uns zeigen, dass wir nicht einverstanden sind, in einer Gesellschaft zu leben, in der solche Taten Alltag sind.

Ni una menos! Nicht eine weniger!"

 

 

 

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